Die 8B auf der Suche nach Fidel Castro und anderen österreichischen Politikern
Who is who in der österreichischen Innenpolitik nach 1945? Dies sollten die Schülerinnen und Schüler der 8B herausfinden, als sie an einem bedeckten Märzmontag in die Meidlinger Fußgängerzone loszogen, bewaffnet mit Fragebögen, auf denen nur die Porträts früherer und gegenwärtiger Spitzenpolitiker aus Österreich zu sehen waren. Allerdings ging es nicht nur darum, auf dieser Mission Fakten zu sammeln, was Figl und Kreisky, Waldheim und Haider, Zilk und van der Bellen betraf. Ein zweiter Auftrag lautete: Findet heraus, wie es um das Geschichtsbewusstsein jener Menschen steht, die mittags die Meidlinger Hauptstraße frequentieren.
Kurz gesagt: nicht immer so, wie man es erwarten sollte. Hilfsbereit waren zwar die meisten, aber generell konnten ältere Personen schneller, spontaner und profunder Antworten geben als jüngere. Eine Gruppe von Interviewern berichtete von jungen Passanten, die sich zwei Minuten geduldig die Bilder ansahen und die Fragen anhörten, bis ihnen dann letztlich doch bewusst wurde: „Sorry, we don’t speak German“. Andere beriefen sich auf ihre Nationalität („Ich bin Deutscher“, „Ich bin Pole“), um möglicherweise ihre Unwissenheit zu kaschieren. Bruno Kreisky wurde von den meisten richtig identifiziert, am wenigsten konnten die Befragten etwas mit dem Konterfei von Leopold Figl anfangen. Anhand der sich überschneidenden Antworten kristallisierte sich auch bald heraus, was an Informationen brauchbar war.
Anderes war schlichtweg falsch (van der Bellen als Bundeskanzler, der einmal übrigens auch zuerst der Bier-, dann der Weinpartei zugeordnet wurde), manches vielleicht nur schlecht formuliert (Waldheim war ein Pferd auf dem Balkan), vieles nur skurril: Waldheim wurde als Putin identifiziert, Kreisky als George Washington, Leopold Figl als Fidel Castro (wahrscheinlich mehr aufgrund seiner phonetischen, kaum wegen seiner optischen Ähnlichkeit). Jemand wähnte sogar, das Porträt von Benito Mussolini in der dieser doch recht österreichlastigen Galerie wiederzuerkennen. Vereinzelt wurde auch gemeint, bei der 8B handelte es sich um bedauernswerte junge Menschen, die verzweifelt auf der Suche nach Vermissten seien und deren Fotos herumreichten.
Wie auch immer: Letztlich konnte doch eine Reihe brauchbarer Fakten zusammengekratzt werden, und unterhaltsam war es auf jeden Fall.
Martin Neubauer