Die 3E steckt gerade knöcheltief im Sumpf des Verbrechens und die Schüler und Schülerinnen ermitteln in alle Richtungen – glücklicherweise ausschließlich literarisch. Derzeit werden grausame Morde, Eifersuchtsdramen und Korruptionen aufgedeckt, sogar mitten in Meidling. Lesen Sie selbst!
Ermittlungen in Meidling – Eine Kriminalgeschichte von Mira Gottwald, 3E
Eines Abends ging Sebastian Lang, Kommissar der Wiener Polizei, in eines seiner Lieblingslokale. Er war schon länger nicht mehr dort gewesen, denn er hatte einfach zu viel Arbeit gehabt. Doch an diesem Tag hatte er sich extra freigenommen, um endlich einmal wieder einen Abend im Restaurant „Del Campo“ zu verbringen. Er freute sich schon so sehr, dass er in Gedanken Luftsprünge vollführte, als er durch die Eingangstür trat. Fröhlich begrüßte er den Inhaber: „Hallo Giovanni, wie geht es dir?“ Aber Giovanni antwortete nicht wie sonst mit einer italienischen Begrüßung, sondern mit: „Hallo! Gut, dass du da bist. Es wird nämlich wahrscheinlich das letzte Mal sein, dass du hier essen kannst.“ „Warum denn das?“ „Nun ja, wir haben finanzielle Probleme“, meinte der Inhaber betrübt. „Kann ich irgendwie helfen?“, fragte Sebastian. Da wurde Giovanni laut. Er schrie: „Ihr Polizisten, ihr wisst doch sowieso am besten, warum wir bald in Konkurs sind! Ihr seid doch daran schuld!“ Sebastian versuchte, die Lage zu entschärfen. „Komm, trinken wir etwas und reden wir darüber.“ „Nein! Verschwinde von hier!“
Nun stand Sebastian Lang in der Nebengasse und überlegte. Offensichtlich hatte die Polizei etwas damit zu tun. Aus diesem Grund konnte er die Sache keinem Polizisten anvertrauen. Aber er selbst konnte sich auch nicht darum kümmern, denn er hatte zu viel zu tun. Sein E-Mail-Postfach quoll jetzt schon über, da hatte er keine Zeit für einen weiteren Fall. Da fiel ihm etwas ein. Sebastian zog sein Handy aus der Hosentasche und wählte eine Nummer. „Ja?“, meldete sich eine Männerstimme „Ilya Krasnopolski, Privatdetektiv und Spezialist für Kriminaldelikte, am Apparat.“ „Hallo Ilya!“, antwortete Sebastian Lang. „Hallo! Wie geht’s dir?“ „Hör zu, ich möchte dich etwas fragen. Hast du gerade einen Fall? Ich hätte nämlich einen für dich…“
…
Am nächsten Tag begab sich Ilya schon früh nach Gaudenzdorf, um den Fall zu untersuchen. Zuallererst machte er sich auf den Weg in die Herthergasse, um sich mit dem Besitzer des „Mundoart Cafés“ zu treffen. Zunächst sah Ilya sich die Umgebung an. Schräg hinter ihm befand sich der Steinbauerpark und die Mittelschule Herthergasse. Die Quergasse, zu der er am nächsten stand, hieß Fockygasse, die auf der anderen Seite hieß Wolfganggasse. Viele Häuser sahen altmodisch aus, die meisten hatten drei oder vier Stockwerke.
All das prägte Ilya sich genau ein. Denn als Detektiv wusste er, wie wichtig es war, sich schnell eine gute Ortskenntnis zu verschaffen. Er wollte sich gerade weiter umsehen, als ein Mann aus dem Haus neben dem Café trat. Ilya musterte ihn und sein kriminalistisch geschultes Gehirn erstellte blitzschnell eine Personenbeschreibung. Der Mann war ungefähr 1,70 m groß, um die 60 Jahre alt und hatte einen grauen Bart, aber dafür rotblonde lockige Haare auf seinem Kopf. Er trug eine schwarze Jogginghose und eine hellgrüne, dünn aussehende Regenjacke.
Nun ergriff der Mann das Wort: „Guten Morgen! Mein Name ist Walther Schüssel. Ich bin der Inhaber des „Mundoart Cafés“, somit auch der, den Sie suchen.“ Ilya begann, ihm Fragen zu stellen. Die meisten Antworten waren unauffällig, bis auf eine. Der Privatdetektiv hatte ihm die Frage gestellt: „Haben Sie finanzielle Schwierigkeiten und wenn ja, warum?“ Walther Schüssel wirkte sehr nervös, als er antwortete: „Also…Es ist wohl kein Geheimnis, dass ich mit dem Café keinen Umsatz mehr mache.“ „Und warum?“, hakte Ilya nach. Der Inhaber des Cafés blickte sich ängstlich um und flüsterte dann ein Wort: „Schutzgelderpressung.“ Ilya sah den anderen Mann jetzt sehr aufmerksam an. Herr Schüssel sah sehr unruhig und nervös aus. „Wer erpresst Sie?“, wagte Ilya einen weiteren Vorstoß. „D-Das kann ich Ihnen nicht sagen“, stotterte der Betreiber des „Mundoart Cafés“ leise „Ich habe ohnehin schon zu viel gesagt. Bitte gehen Sie jetzt. Es war…“, er machte eine kurze Pause „…nett, Ihre Bekanntschaft zu machen. Auf Wiedersehen!“
„Hmm…“, brummte Ilya, als Walther Schüssel wieder in seinem Haus verschwunden war. „Viel weitergebracht hat mich das ja nicht. Aber wenigstens weiß ich jetzt, dass es sich um Schutzgelderpressung handelt.“
Der Ermittler schlenderte weiter die Herthergasse entlang und dann die Wolfganggasse hinauf, um sich mit einem weiteren Lokal-Besitzer zu treffen. Diesmal traf Ilya den Inhaber sofort an. Er wartete schon und stellte sich sogleich vor: „Guten Tag! Ich heiße Roman Schneider und mir gehört die „Pizzeria Schneider & CO GmbH.“ Dieses Mal hielt sich der Detektiv nicht mit unnötigen Floskeln auf und fragte sofort: „Von wem werden Sie und die anderen Restaurant-Betreiber erpresst?“ Roman Schneider wirkte ziemlich entspannt, bis zu dem Zeitpunkt, an dem Ilya ihm diese Frage stellte. „Wissen Sie“, begann er „Es treiben hier viele Gangster ihr Unwesen. Unter anderem auch die, die Sie finden wollen.“ „Wer?“, drängte der Detektiv. Geduld gehörte nicht unbedingt zu seinen Stärken. Herr Schneider überlegte kurz, dann nickte er. „In Ordnung, ich sage es Ihnen. Der Drahtzieher der ganzen Sache ist vermutlich Ludwig, der Boss der Bande „Die Hans-Manderln“.“ Da stockte er und schrie kurz auf. „Was ist los?“, fragte Ilya. „Da! Da ist Grätzlpolizist Andreas, kurz Andi, Hofer! Der ist auch an der Sache mit dem Schutzgeld beteiligt“, wisperte Roman Schneider. Dann verschwand er schnell mit einem gemurmelten „Tschüss“. Ilya drehte sich um und verabschiedete sich ebenfalls.
Der Detektiv überquerte die Straße und rief: „Herr Hofer? Ich würde gerne mit Ihnen reden.“ Andi Hofer tat etwas, was man normalerweise nie von einem Polizisten erwarten würde. Er flüchtete. Kreuz und quer stürmte er davon, so als wäre der Teufel hinter ihm her. Doch Ilya ließ sich von seinem Verhalten nicht entmutigen. Es spornte ihn sogar noch mehr an. Leise und unauffällig nahm der Ermittler die Verfolgung auf. Er hielt immer genügend Abstand zu Andi Hofer, sodass er ihn nicht bemerken würde. Der Polizist sprintete durch den Steinbauerpark zu der neu errichteten Sportanlage. Dort warteten schon mehrere Personen. Ilya nahm an, dass sie zu der Bande gehörten, die Roman Schneider erwähnt hatte. Der Kriminalist schlich sich näher heran und versuchte, etwas von ihrer Unterhaltung mitzubekommen.
„Wo warst du denn so lange?“, begrüßte einer von ihnen Andi Hofer. „Entschuldigung“, antwortete der Polizist zerknirscht „Ich wurde aufgehalten.“ „Von wem?“, ergriff wieder der andere das Wort. „Keine Ahnung. Da war dieser Typ, der hat mich irgendwas gefragt. Ich hab Angst bekommen und bin abgehauen.“ Ilya hielt die Luft an. Sie sprachen über ihn! Da wechselte Andi Hofer jedoch das Thema. „Sag mal, Ludwig, du hast doch von diesem Plan gesprochen. Um was ging es denn da noch mal?“ Alle seufzten und verdrehten die Augen. Der Mann, Ludwig, widerstand dem Verlangen, irgendetwas zu nehmen und auf Andi zu werfen, sondern meinte: „Wir haben das doch schon ein paar Mal besprochen! Nun gut, die Kurzfassung: Wir erpressen von diesen unfähigen, feigen Lokalbesitzern noch mehr Schutzgeld. Wenn sie nicht kooperieren, dann könnte es passieren, dass ihnen oder ihrem Besitz etwas geschieht…“ Ludwig lachte laut auf. Währenddessen zog Ilya sein Handy aus der Tasche und filmte mit. Dann schickte er das Video an Sebastian Lang.
Plötzlich legte sich eine Hand auf Ilyas Schulter. Er zuckte zusammen. „Wen haben wir denn da?“, fragte eine Stimme. Der Detektiv wagte einen Blick nach hinten. Es war Ludwig! Ilya starrte direkt in seine eiskalten, blauen Augen. Da wusste er, dass mit dem Chef der Bande nicht zu spaßen war. Ludwig stand so nah vor ihm, dass er sein Parfüm riechen konnte. „Wer bist du?“, brüllte Ludwig. Nun musste Ilya antworten, das war ihm bewusst. „Ich bin…Ich bin Ilya Krasnopolski.“ „Soso…Ich werde dich jetzt in dein neues Quartier bringen. Es ist der Ort, an dem alle Schnüffler landen.“ Ludwig und die umstehenden Personen lachten laut auf. Es klang, wie wenn Hyänen sich über Beute freuen. In diesem Moment wurde Ilya klar, dass dieser Vergleich sogar stimmte. Sie waren die Hyänen und er war die Beute.
Als Ludwig ihn in eine kleine Kammer schubste und die Tür abschloss, hatte diese Geste etwas Endgültiges. Es war, als ob sich diese Tür nie wieder öffnen würde. Nun sah der Detektiv sich in seinem Gefängnis um. Es war klein, dreckig und hatte kein einziges Fenster. Somit gab es auch keinen Ausweg aus dieser Zwangslage. Auf einmal vernahm er Schritte auf dem Gang. Waren das etwa Ludwig und seine Gefährten? Waren sie gekommen, um ihn zu holen? Ilya hatte gehört, wie sie mit ihren Gegenspielern umgingen. Brutal, böse und kompromisslos waren sie. Da! Er hörte, wie die Füße stehenblieben. Nun stand die Person direkt vor dem Zimmer. Der Ermittler sah sich verzweifelt nach einem Versteck um, doch es gab keines. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss. Ilya war wie gelähmt. Er konnte sich keinen Millimeter mehr rühren, so groß war seine Angst. Die Tür öffnete sich Zentimeter für Zentimeter. Innerhalb weniger Sekunden war Ilya schweißnass. Seine Hände zitterten, als das Tor zur Außenwelt mit einem leisen Quietschen aufschwang. Er hielt die Luft an.
Im Türrahmen stand Sebastian Lang. Ilya atmete aus. Die komplette Anspannung fiel von ihm ab. Der Polizeichef erklärte kurz: „Wir müssen Ludwig, Andi und den Rest der Bande festnehmen. Gehen wir vor wie damals in Tuktoyaktuk?“ Ilya nickte knapp. Dann schritten sie zur Tat. Der Detektiv huschte durch die Dunkelheit, bis er direkt vor der Bande stand. Dann rief er: „Hallihallo!“ Alle zuckten zusammen. Ludwig wollte schon einen Befehl brüllen, doch Sebastian kam ihm zuvor: „Sie sind vorläufig festgenommen wegen des dringenden Tatverdachts der Schutzgelderpressung, Korruption und Entführung!“ Ilya fügte mit seinem besten russischen Akzent hinzu: „Alles, was sie ab jetzt sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht zu Schweigen!“
…
Am nächsten Tag trafen Ilya und Sebastian im Restaurant „Del Campo“. Die beiden wollten den gelösten Fall feiern. Der Inhaber des Lokals, Giovanni, war auch anwesend. Er hatte nun keine finanziellen Schwierigkeiten mehr und war sehr glücklich. Es wurde ein großartiges Fest. Sie aßen Pizza, Borschtsch und Wiener Schnitzel. Danach plauderten sie den ganzen Abend lang und erzählten einander Geschichten. Die meisten begannen mit: „Weißt du noch, damals in…“ Von dem gestrigen Abenteuer werden sie auch noch erzählen. Denn es ist einzigartig.
Ende