Eine Gruselgeschichte von Mira Gottwald
Wo bin ich? Zuhause jedenfalls nicht, denn so sieht es nicht aus. Ich habe keine Ahnung, wie ich hierher gekommen bin. Die letzten Stunden sind wie im Traum vergangen. Stöhnend richte ich mich auf und blicke mich um. Es scheint so, als wäre ich in der verlassenen Fabrikshalle am Rande der Stadt gelandet. Die Halle ist alt und verfallen. Der Metallboden knackst leise, als ich mich über ihn bewege. Auf einmal erspähe ich ein gleißend helles Licht. Ich drehe mich um und erblicke eine perlmuttfarbene, fast durchscheinende Blüte. Sie wächst auf dem Boden, als wäre er aus Erde. Die Blume sieht wunderschön aus. Alles ist ruhig in der verlassenen Fabrik, doch ich ahne, dass das nicht mehr lange so sein wird. Da! Ein Geräusch! Es kommt von einem ramponierten Kasten, der bedenklich wackelt. Ein durchschimmerndes, körperloses Etwas schwebt aus dem Schrank heraus. Es sieht aus wie eine uralte, zerfallene Leiche, nur noch viel, viel schlimmer. Seine kleinen, boshaften Augen starren mich feindselig an. Ich versuche, mich nicht zu bewegen. Der Geist, es ist offensichtlich ein Geist, daran habe ich keine Zweifel mehr, streckt langsam seine Hand nach mir aus. Ein kalter Lufthauch umweht mich. Mir läuft ein eisiger Schauer über den Rücken. Innerhalb weniger Sekunden sind meine Handflächen schweißnass. Das Gespenst bewegt Zentimeter um Zentimeter seine Hand in meine Richtung. Ich versuche wegzulaufen, aber meine Füße gehorchen mir nicht mehr. Die Geistererscheinung umfasst mich mit ihren eisigen Armen und wispert schaurig: „Du entkommst mir nicht!“ Ich schreie, aber aus meinem Mund kommt kein Laut. Hinter mir steht die weiße Blume. Instinktiv greife ich nach ihr. Plötzlich brüllt der Geist wie von Sinnen auf und lässt mich, offenbar unter großen Schmerzen, los. Ich beschließe, diese Chance zu nutzen. Blitzschnell sprinte ich zum Ausgang. Die Blüte habe ich immer noch in der Hand. Schnell rüttle ich an der Tür. Der Geist kommt auf mich zu, offenbar wieder erholt. In Todesangst werfe ich mich gegen das biestige Tor. In letzter Sekunde springt es auf. Wie der Blitz renne ich zitternd und stolpernd nach draußen in die finstere Nacht. Kaum bin ich an der freien Luft, blicke ich auf die Blume. Sie zerfällt vor meinen Augen zu Staub.
Mira Gottwald, 2B
(Entstanden als Schularbeitstext, Bilder von Mira, Jonathan, Chiara und Katharina, alle 2b)